Diese Arbeit besteht aus neun Fragmente. Jedes einzelne Fragment beschreibt ein Phänomen der heutigen Gesellschaft, der aggressiven, verwirrten Modernität, bewohnt von isolierten Menschen die wie in abgegrenzte Bereiche zu leben scheinen. Der Hund jagt die Katze und die Maus versteckt sich vor beiden.

Stadt/City: Berlin
Jahr/Year: September 2015
Groesse/Size: 60 x 60 cm

Erstmals ausgestellt in/First Time exhibited in: Oslo Gkv Gallery Oktober 2015

Eine gewalttätige Gesellschaft/A violent Society

Stadt/City: Leipzig
Jahr/Year: Dezember 2015
Groesse/Size: 1,50  x 1 m


Die Geschichte von Lilith

Es ist Zeit. Merz muss weg. Der Krieg kommt und er wird Nichts und Niemanden verschonen. Weder die Menschen, schon gar nicht die Kunst. Der fanatische Nationalismus treibt John Heartfield und Georg Grosz ins Ausland. Auch Kurt Schwitters muss davon fliehen, mehrmals. 
Schwitters begann seine Studien an der Hochschule fuer Bildende Künste in Dresden, wo er Otto Dix und Georg Grosz kennen lernte. Stark beinflusst von den schockierenden Ereignissen des ersten Weltkrieges hielt er, trotz einiger Meinungsunterschiede, Kontakt zu der Berliner Dada, u.a. zu John Heartfield. Schwitters sympatisierte mit der „Novembergruppe“. An der ersten internationalen Dada-Messe durfte Schwitters jedoch nicht teilnehmen. Er arbeitete aber mit den Dadaisten Hans Arp, Raoul Hausmann, Hannah Höch und Tristan Tzara zusammen, war Initiator der Bewegung von Dada Hannover und eröffnete seine „MERZ-Schriftenreihe“ mit einer Dada-Nummer, dem Holland Dada. Schwitters sah im Gegensatz zu den Dadaisten, die Kunst ablehnten, seine Kunst als Kunst an und verteidigte sie unter dem Namen „Merz“ als einen „absolut individuellen Hut, der nur auf einen einzigen Kopf passe“ zwar auf seinen eigenen.                                                                                        Mit „Merz“ bezeichnete er auch seine Technik, aus Zeitungsausschnitten, Reklame und Abfall, Collagen zu erstellen. Es gibt also keinen Grund für die weitverbreitete Meinung, dass die Ablehnung der Dadaisten Schwitters ermutigte, seine eigene Bewegung zu erfinden. 
Zum Bild:
Das Bild, wie die anderen vorgestellten Werke, ist ebenso eine aus Strassenplakaten zusammengesetzte Montage. Es bezieht sich auf die Periode, zwischen welcher Deutschland 1914 fuer die Kriegskredite stimmte und 1945 das Ende des Zweiten Weltkrieges durchlebte. Kurt Schwitters selbst wird dadurch zu einem Abbild dieser geplagten Jahre und landet hundert Jahre später fast durch Zufall auf dieser Collage. In der rechten unteren Ecke wurde nämlich, ein aus Zufall gefundener,  roter Papierschnipsel mit der Aufschrift „Merz“, begleitet von einem kleinen weissen Totenkopf, eingebunden.

Groesse 50 x 70 cm


Merz

Kapitalismus heisst Krieg, ganz eindeutig und ohne Zweifel. Heute, wie vor hundert Jahren, als das kriegerische Gemetzel im globalen Mass ausbrach, erleben wir die immer weitere Verschärfung internationaler und lokaler Konflikte. In jedem Lande, in jedem der fünf Kontinente, schlagen sich Unternehmer, Staaten, Banken, Konzerne und Militär skrupellos für den grösstmöglichen Profit mit dem Minimum an Kostenaufwand. Dies geschieht jedoch, auf Grund des zu Ende gehenden dritten Akkumulationszyklus und der fallenden Profitrate, auf produktiver als auch finanzieller Ebene, unter immer schwierigeren Zuständen. Für die Kapitalisten eine reine Frage der Ausbeutungsorganisation. Kurzgesagt: Wer die eigene Krise nicht zahlen will, lässt diese von anderen bezahlen; zwar von jenen, die aufgehoben von jeder Entscheidungsmöglichkeit, durch Schwindel und Betrug überzeugt, durch Erpressung und Lohnarbeit gezwungen, sich den wiederlichen Konditionen der bürgerlichen Gesellschaft fügen müssen. 
Die seit jeher zerbrechlichen Zeiten des bürgerlichen und sozialen Frieden nähern sich einem für Alle gefährlichem Ende. Die kapitalistische Barbarei hingegen, wird weiter ihren graussamen Verlauf finden.
Zum Bild:
Das Bild ist eine aus zerrissenen Strassenwerbeplakaten entstandene Collage. Die dominanten Farben sind Militärgrün und Panzergrau. In der Mitte ragen aus einem formenähnlichen Pentagramm demonische und boβartige Spuckfiguren, welche auf zwei vermummte Figuren stossen, die ihnen im Gefecht entgegentreten. Auf der Linken Seite ist als Erstes eine kleine hilflose Maus zu erkennen. Diese ist von einem anderen Plakatriss, mit dem Abbild eines Hakenkreuzes und der darunter zu erkennenden Schrift „Psychiatry Murder Sex Nation“, wie durch den Stich einer Nadel im Experimentierlabor, festgehalten. Die Maus hat Angst und versteckt sich vor der, dahinter zu entdeckenden Katze, die sie im unausgewogenen Kräfteverhältniss jagt. Parallel dazu findet man direkt darunter eine grössere Gruppe von Menschen, die sich vor den Bombenangriffen verstecken musste, wie „die Maus vor der Katz“. Auf der rechten Seite gibt es ein Plakat zu der Geschichte von „Halim Dener“, der mit 16 Jahren von der Polizei in Hannover aus hundert Metern Entfernung erschossen wurde, weil er beim Plakatieren unerwünschter politischer Propaganda erwischt wurde. Die fehlende linke Kopfhälfte wird mit einem anderen Plakat zu einem Totenkopf ergänzt. In der oberen rechten Ecke des Bildes  ist ein Teil der Balkanroute zu erkennen.                                                                           „Nichts läuft hier richtig!“ steht auf einem deutlich lesbarem Stück Plakat.
Die dreckigen und der Zeit ausgesetzten Plakate deuten auf die Dekadenz der Bürgerlichen Konventionen, die Collage insgesamt, auf das vom Krieg ausgelöste Grauen.

Grösse: 180 x 90 cm





Kapitalismus heisst Krieg

Unsichere Arbeitsplätze, Lohnkürzungen, immer geringer werdende Arbeiterrechte, Aufteilung der Arbeiter in gewerkschaftlichen Kapellen bis hin zur Spaltung, Verbot von Streikrecht und Generalstreik, ständig gebrochene Versprechen von Seiten der Parteien und Gewerkschaften, lächerliche Warnstreiks mit Monaten Vorwarnung, prekäre Jobs, geringfügige Jobs, Minijobs und Ein-Euro-Jobs, wochenlange ungezahlte Probezeiten, monatelange ungezahlte Praktika, unbezahlte Überstunden, nicht ablehnbare Wochenendarbeit, Einschüchterung, Entlassungen, Versicherungszwang, Teure Mieten, Verzweiflung und Isolation...
Wer kann sich aus dieser Todesspyrale überhaupt noch retten?
Zum Bild:
Schon wieder vor‘m Jobcenter Schalter!!! Alle auf einem Haufen in der Warteschlange: Ein Top-Model;  schon gekreuzigt - Jesus Christus;  gleich an dessen Seite, die Heilige Maria;  mit besorgtem Blick – Ataturk;  kurz vorher angekommen - eine fassungslose Frau ohne Augen, Mund und Nase, kein Kommentar;  nebenan eine maskierte Bankräuberin;  eisern, wie üblich - die Freiheitsstatue;  an der linken Seite, mit Graffiti beschmiertem Gesicht - ein berüchtigter berliner Immobilienmakler;  in der Ecke oben,  in einem kaum bekannten Photo, müde und bestürzt - der alte Karl Marx: Er wusste es... Last Exit Jobcenter
Grösse: 90 x 90 cm
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Alexander Dellantonio